Schon früh am Morgen ist der Wanderer im Wald unterwegs. Tief atmet er die feuchte, süßlich-würzige Luft ein. Sie tut wohl - nicht nur den Lungen, viel mehr noch dem Geiste. Wie fern scheint doch nun der Alltag, wie unbedeutend sind all die Dinge, die ihn noch vor wenigen Augenblicken mit Ihrer Wichtigkeit beschäftigen wollten.
Eine so friedvolle Stille umgibt ihn, dass er kaum wagt, diese nahezu heilige Ruhe zu stören; auch das noch nachtfeuchte Laub raschelt kaum, eher verschluckt es die Geräusche seiner Schritte. Hier und da jubiliert ein Vöglein aus voller Brust sein Gebet der Sonne entgegen. Diese schickt ihre Strahlen durch den aufsteigenden Dunst hin zur Erde. Gleich milchigen Fingern durchdringen die Strahlenbündel das Dunkel der Fichten, helle Flecken auf dem düsteren Waldesboden hinterlassend; durchfluten das lichtgrüne Buchenblätterdach; tauchen die Kiefernstämme in ein fast gespenstisches Rot, so dass das flinke Eichkätzchen nur durch das Rascheln seiner Krallen auf der Rinde auszumachen, sonst aber kaum zu entdecken ist. Auch der den Wanderer begleitende Hund spürt die Heiligkeit des Augenblicks, beobachtet seinen Herrn aufmerksam und freudig wedelnd, wenn dieser ihm liebevoll zunickt, ihm bedeutend zu sitzen, während er selbst sich in den erhebenden Anblick des Naturwunders versenkt. 
Schwer, als würden sie das kunstvolle Gewebe beim nächsten Windhauch nicht nur erzittern, sondern gar zerbersten lassen, hängen die Tautropfen, edelstem Geschmeide gleich, in den Spinnennetzen. Wie tausend Diamanten in allen Regenbogenfarben wetteifern die Tröpfchen auf Gras und Moos, das Licht der Sonne brechend, eine betörende Augenweide für den andachtsvollen Betrachter - selbst eingesponnen, ja verzaubert werdend in diese heilige Morgenstunde.
In seinen Ohren vernimmt er nun, fern dem Alltagslärm, das Raunen seines eigenen Atems - oder ist es das Rauschen des Blutes, das ihn erschauern lässt, erahnend, dass seine tiefe Sehnsucht sich nicht erfüllen lässt in der Tage Einerlei; dass etwas Unnennbares ihn immer wieder drängt, diese Stille aufzusuchen, da nur sie ihm Antwort geben kann auf seine immer wiederkehrenden Fragen: Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? ---
Keine klare Antwort freilich fällt ihm in den Schoß, doch Stück für Stück, Mosaiksteinchen gleich, erlangt er Erkenntnis - durchschauert ihn wie ein Blitz ein Lichtstrahl, der seinen weiteren Gedanken den Weg weisen will. 
Aufseufzend, gedankenvoll-gedankenverloren, gelehnt an einen Baumstamm, sendet er sein Dankgebet gen Himmel, in dem bestimmten Wissen, dass das Echo in seinem Herzen einen frohen Klang erzeugt, der ihn mutig den nächsten Schritt wagen lässt.

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