Es war einmal ein Hütejunge, der das Vieh seines Vaters auf der Weide bewachte. Eines Tages hörte er von einem Imam, der besonders gut predigen würde, und nur wenige Tage später hatte er die Gelegenheit, diesen Lehrer sprechen zu hören. Der Junge war von den Worten tief ergriffen. Wie herrlich lobte dieser Mann Gott und seine Schöpfung!
Als der Junge am nächsten Tag wieder bei dem Vieh war, erinnerte er sich all der Worte und sein Herz wurde weit, wie am Tag zuvor. Da begann er vor sich hin zu sprechen: „O Gott, ich habe so viel von Dir gehört. Du bist gut und liebevoll. Ich habe das Gefühl, als wenn Du bei mir wärst, und das macht mich sehr glücklich. Wärest Du wirklich hier, so würde ich gut für Dich sorgen, noch viel besser, als ich es für unsere Schafe tue. Im Regen würde ich Dich unter mein Laubdach nehmen, und dich bei Kälte in meinen Mantel hüllen. Im Sonnenschein ließe ich Dich baden, und ich würde Dir auf meiner Flöte vorspielen. Ach komm doch o Gott, und schau, was ich alles für Dich täte!“ 
In dem Moment aber kam Moses vorbei und hörte die Worte des Jungen. Er ging zu ihm und schalt ihn einen dummen Knaben. Er erklärte ihm, Gott sei der Ungenannte, der Ungesehene. Er sei allmächtig und jenseits von Wort, Farbe und Form. Der Knabe war erschrocken und beschämt, wie er so dumm und anmaßend sein konnte. 
Aber am Abend erhielt Moses die nächste Botschaft von Gott, und die lautete: „Wir sind sehr unzufrieden mit dir. Du hast uns einen Frommen entfremdet. Wenn er Uns auch nicht so kannte wie du, so konnte sein Geist Uns doch erfassen, und er war Uns sehr nahe. Alle, die Uns ergeben sind, machen sich auf ihre eigene Weise ein Bild von Uns, und Wir empfangen ihre Liebe auf jede Weise. Alle sind Unsere Geschöpfe. Auch die, die die Sonne anbeten, erkennen Wir als Gottesverehrer an. Wir haben dich gesandt, Unsere Kinder mit Uns zu vereinen, nicht, um sie Uns zu entfremden.“
Am nächsten Tag kam ein alter Mann in abgetragener Kleidung mit einem Wanderstab bei dem Jungen vorbei. Er sah müde und schwach aus. Da es zu regnen begann, bat der Knabe den Alten unter sein einfaches Laubdach, bot ihm seinen Mantel als Unterlage und teilte seine kärgliche Mahlzeit mit ihm. Danach spielte er ihm noch einige Weisen auf seiner Flöte vor. Dem Wanderer schien das alles gut zu tun, denn als er sich erhob, um seinen Weg fortzusetzen, wirkte er gestärkt und munter. 
Zum Abschied sagte er zu dem Jungen, dass er sehr dankbar sei, dass dieser sein Versprechen an Gott so vollkommen wahrgemacht habe. Sehr erstaunt war da der Knabe, woher der Alte von seinem Gespräch zu Gott wissen könne. Lächelnd erwiderte der Wanderer: „Schau, mein Sohn, ich bin's. Du batest mich aus reinem Herzen zu Dir. Ich bin jedes Geschöpf, das dir begegnet, und Ich bin auch du.“ Mit diesen Worten verließ der Alte den Knaben, der noch lange verblüfft sitzen blieb, ehe er. überglücklich seine Flöte zur Hand nahm, um fröhliche Melodien gen Himmel zu senden. 

(aus "Baba erzählt", bearbeitet von HUM)